Nach der Sonderfahrt mit dem Balkan-Express ins Kosovo war vielen Mitreisenden die Angst vor einem Besuch der Krisenregion Kosovo abhanden gekommen. Ganz im Gegenteil, die Freundlichkeit der Einheimischen, insbesondere unserer Freunde bei der Kosovo Railway, und der interessante Eisenbahnbetrieb mit ehemaligen Di3-Lokomotiven animieren dazu, das Kosovo erneut zu besuchen. Für Michael Frick Grund genug, eine Fotoveranstaltung mit Planzügen und Sonderleistungen im Kosovo zu organisieren. In der Zeit vom 29.05. bis zum 05.06.2010 wurde das Kosovo rauf und runter mit NOHABs befahren, wie es das rollende Material zuließ. Die Anreise war Privatsache, einige Teilnehmer nahmen das Flugzeug bis Pristina, andere reisten mit dem Zug an und der Rest war mit insgesamt drei PKWs auf den Balkan gefahren. Wir auch, denn wir wollten sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg noch ein paar interessante Eisenbahn-Hot-Spots mitnehmen. Deswegen an dieser Stelle der Hinweis, dass NOHAB-Hardcore-Fans etwas Geduld brauchen, wenn sie NOHAB-Fotos sehen wollen!
Am 26.05. ging es mitten in der Nacht in Braunschweig los. über Passau, Graz, und Maribor erreichten wir gegen 15:30 Uhr Zagreb, wo wir von der Autobahn aus eine V60 entdeckten. Es handelt sich um 2 133 008, die von der DB an die Jugoslawischen Eisenbahnen verkauft wurde.
In das Betriebswerk wurden wir leider nicht eingelassen, denn der BW-Chef hatte schon Feierabend gemacht. Also ging es gleich weiter auf der Autobahn Richtung Belgrad bis Slavonski Brod, wo wir Richtung Süden nach Doboj abbogen. Unser Ziel war Tuzla, wo sich die letzten 52er Dampflokomotiven im Planeinsatz bei einer Kohleminengesellschaft befinden. Doboj erreichten wir gegen 18:30 Uhr und fuhren zunächst den Bahnhof an. Dank einer Fußgängerbrücke über den Bahnhof konnten wir uns einen guten Überblick über den Eisenbahnbetrieb verschaffen. Und da standen sie im BW-Gelände auf der östlichen Bahnhofsseite: zwei ehemalige DB-V100, die 212 012 und 019! Dahinter vier Kennedys.
Im Bahnhof stand währenddessen die Kennedy 661 274 mit laufendem Motor als Rangierlok und wartete auf weitere Aufgaben.
Dann kam ein Personenzug nach Sarajevo in den Bahnhof gefahren. Zuglok war die 441 004.
Dann zog die Lok mit dem ersten Waggon ab und die 441 910 in neuer Lackierung setzte sich mit einem neuen Waggon vor den Zug.
441 004 setzte sich anschliessend vor einen interessanten Wagenpark, unter anderem ein ehemaliger DR und SJ-Waggon, um Richtung Norden zurückzufahren.
Danach fuhren wir zu einer Pension an der Hauptstraße zurück, wo wir für €10 pro Person übernachtet und im Restaurant für schmales Geld eine echte Balkan-Fleischplatte gegessen haben. Am nächsten Morgen ging es zunächst auf die Rückseite des BW, um den abgestellten Schrott aufzunehmen.
Als wir wieder auf die Fußgängerbrücke gingen, kam gerade ein Kesselwagenganzzug mit 661 278 angefahren.
Anschliessend haben wir den Versuch unternommen, ins BW zu kommen und wurden zum Chef gebracht. Der sprach weder deutsch noch englisch und telefonierte lange Zeit wild durch die Gegend. Irgendwann war dann alles klar und er ging mit uns und einem Dolmetscher, der englisch sprach, durchs BW. Hinter den 212ern stand 661 266 abgestellt.
Links daneben stand 661 265. Diese Loks warteten auf Reparatur wobei wohl unklar ist, ob und wann das was wird.
Die beiden 212er hatten noch die ehemalige DB-Lackierung mit zusätzlichen Anschriften der ŽRS (Bahngesellschaft der Teilrepublik Republika Srpska), die ihren Sitz in Doboj hat.
Die 212 012 war bei der DB zuletzt in meiner Heimat Braunschweig stationiert gewesen und trug die Anschrift noch immer.
Wir erfuhren, dass bei der ŽRS derzeit keine 212 mehr im Einsatz war. Auch die dritte 212, die 212 020, stand abgestellt im BW, allerdings im hinteren Bereich.
Auf der anderen Seite der Halle stand die 441 402 in wunderbarer Schweden-Lackierung.
Und da stand sie, die beige-blaue 212 020, die lange Zeit den Rangierdienst in Doboj geleistet hat. Auch sie wartet auf Reparatur.
Die betriebsfähige 661 270 war auch noch anwesend und stand im schönsten Sonnenlicht.
Am Ende der Lokreihe mit den beiden roten 212ern stand 661 206 im Schatten der Halle.
Damit war die BW-Führung beendet und wir verließen Doboj Richtung Tuzla, wo wir es auf die 52er-Dampfloks in den Braunkohlewerken abgesehen hatten. Zwischen Doboj und Tuzla fährt man in Lukavac vorbei, wo die erste 52er im Tagebau von Sikulje im Einsatz sein soll. Im Bahnhof von Lukavac trafen wir jedoch zuerst auf die Diesellok 734 013, die gerade beladene Kohlewaggons in das benachbarte Kokerei zog.
An die 52er kamen wir nicht heran. Sie stand unter der Verladeanlage der Kohlemine Sikulje nördlich von Lukavac und war ohne Fotografiergenehmigung zwar zu sehen, aber nicht zu erreichen.
Also fuhren wir zunächst nach Tuzla, um uns die Genehmigung in der Zentrale der Kreka-Kohleminenverwaltung. Leider hatten wir kein Glück, der Direktor hatte keine Zeit für uns. Also ging es zurück nach Lukavac, wo wir die 661 309 der ŽFBH (Bahngesellschaft der Teilrepublik Föderation Bosnien und Herzegowina) beim Rangieren antrafen.
Nach einigen Rangiermanövern fuhr sie Lz Richtung Tuzla aus. Wir fuhren wieder zur Mine Sikulje, um zu sehen, ob sich was bei der 52er tat. Das war nicht der Fall, und als wir in Sichtweite des Werkes herumlungerten, bekamen wir Besuch aus dem Werk. Wir befürchteten erst, verjagt zu werden, aber es war jemand, der englisch sprach und uns fragte, ob wir für ein Rangiermanöver der Lok zahlen würden. Wir sagten ja und sollten gegen 16 Uhr zurückkommen. Und tatsächlich, die Lok zog mit ein paar Waggons vor.
Von der Lok sprang der Kollege von vorher und begann, den vereinbarten Preis unter Hinweis auf den Lokführer, der ja auch was abhaben soll, hochzutreiben. Wir einigten uns auf €25 und der Zug rangierte zweimal an uns vorbei - dann war es auch schon vorbei und die 33 stellte sich wieder unter die Verladeanlage.
Ganz offensichtlich sind inzwischen so oft Fotografen vor Ort, dass das Personal eine neue, lukrative Einnahmequelle für sich entdeckt hat und auch nutzt. Dabei kommt ihnen sicher zu Gute, dass es nicht immer klappt, eine Fotogenehmigung zu bekommen. Inzwischen werden Genehmigungen nur noch an Reisegruppen erteilt und nicht mehr an Einzelreisende. Das dürfte für weitere Einnahmen beim Personal sorgen..... Wir hatten noch erfahren, dass die Lok nach 18 Uhr einen Zug in den Bahnhof Lukavac bringen soll. Bis dahin wollten wir den Betrieb im Bahnhof Lukavac beobachten. Nachdem zunächst nochmal die 734 013 im Bahnhof war, entdeckten wir später die vierachsige Lok 2 der Kokerei, die vermutlich für eine kurze Testfahrt aus dem Werk kam.
Dann die Überraschung: Eine 62er-Dampflok aus dem Sodawerk kam angefahren. Es handelte sich um 62 644, die von der Firma Duro Dakovic' in Slavonski Brod gebaut wurden. Die Baureihe 62 entspricht der USATC Klasse S 100, einer Kriegslok der United States Army.
Sie holte zwei kurze Kohlezüge aus dem Bahnhof und brachte sie ins Werk.
Nur acht Minuten später kam der Personenzug von Tuzla nach Doboj durch. Es war der Triebwagen 813 039.
Gegen 18:50 Uhr war es dann soweit, 33 503 kam angefahren. Auf den Waggons stehen während der Fahrt Personen. Es sind Zigeuner, die neben der Strecke in Barracken wohnen und sich Kohle zum Kochen organisieren. Sie schmeißen die Kohle einfach von den Waggons, andere sammeln sie dann auf.
Meistens fährt die Lok Tender voraus Richtung Lukavac, die Rückfahrt ist also interessanter.
In Lukavac wartete bereits eine 661er, die einen Leerzug gebracht hatte. Es war 661 308.
661 308 zog dann vor zum BÜ. Sie sollte den vollen Kohlezug später weiterbefördern.
Kurz darauf zog 33 503 ebenfalls vor, die 661 hatte genug Platz hinter der Weiche gelassen.
Die 33 503 umfuhr dann den leeren Zug und setzte sich vor das andere Ende. Wir erwischten sie gerade noch rechtzeitig vor der Abfahrt, weil wir vorher Jens an den Einfahrsignalen abgesetzt hatten.
Die Abendsonne meinte es gut mit uns, als die Fuhre an den Einfahrsignalen vorbeikam. Inzwischen war die vom Zug geworfene Braunkohle bereits in Plastiktüten gesammelt worden, die zwischen den Gleisen standen.
Kurz vor dem Tagebau Sikulje macht die Strecke einen Schwenk Richtung Westen. Direkt in der Kurve steht ein altes Form-Vorsignal, das die 33 503 passieren musste.
Dank Teleobjektiv ließen sich mehrere brauchbare Motive umsetzen...
Bei der Einfahrt in den Tagebaubahnhof kam dann nochmals die Sonne raus. Bis hierhin kann man den Zug problemlos auf einer öffentlichen Straße verfolgen. Man kommt ab hier aber nicht mehr weiter und kann die stehende Lok unter der Verladeanlage ohne Fotogenehmigung zwar sehen, aber nicht erreichen.
Und weils so schön war noch ein Seitenschuss auf die Sonnenseite der ex-52er.
Inzwischen war es 19:15 Uhr geworden und wir mussten uns um eine Übernachtungsmöglichkeit kümmern. Am nächsten Morgen hatte der Wecker kein Erbarmen, denn für den morgendlichen Personenzug Brcko-Tuzla mussten wir gegen 6:30 Uhr an der Strecke stehen und wir hatten noch kein Motiv. Von einer Brücke haben wir den Zug mit einem Personenwagen dann abgewartet.
Im Kopfbahnhof Tuzla wurde dann etwas rangiert und ein zweiter Waggon angehängt.
Der Rangierbahnhof Tuzla befindet sich etwas westlich des Bahnhofs. Dort gibt es eine kleine Werkstatt der ŽFBH, wo auch immer einige 661er anzutreffen sind. Unter anderem die 661 268.
Kurz darauf zog die 661 268 vor, links steht die 661 305.
Für die Rückfahrt des Zuges nach Brcko haben wir uns einen Standort im Bahnhof Dobrnja nördlich von Tuzla gesucht, den die 661 275 mit ihren zwei Waggons gegen 7:48 Uhr passierte.
Ulf wartete die Ausfahrt des Zuges am BÜ mit Einfahrt-Formsignal ab.
Weil unser dritter Mann für den frühen Personenzug nicht aufgestanden war, mussten wir nochmal zurück zum Hotel und entdeckten eine 661 mit Kohlezug im nahegelegenen Abzweigbahnhof Bosanska Poljana. Es handelte sich um 661 309, die wir bereits gestern in Lukavac gesehen hatten.
Vom Hotel aus ging es erstmal nach Lukavac, um die Lage zu peilen. Die 52er fuhr nicht, dafür war wieder die 734 013 unterwegs und bot ein schönes Motiv mit der Kokerei im Hintergrund.
Natürlich wollten wir uns auch die Werkstatt der Kreka-Kohlenmine ansehen, wo die Dampfloks gewartet werden. Da wir ja keine Fotogenehmigung bekommen hatten, war unklar, ob wir eingelassen werden würden. Die Werkstatt befindet sich in Bukinje nördlich der Hauptstraße Tuzla-Lukavac.
Wir trafen dort auf einen freundlichen Ingenieur, der auch gut englisch sprach und in einem längeren Telefonat mit der Zentrale erreichen konnte, dass wir für €25,- pro Person die Werkstatt besichtigen dürften! Dann ging es gleich in die Halle, wo die HU an 33-248 fast abgeschlossen war.
In der Werkstatt werden viele Teile selbst hergestellt, dementsprechend sind auch die Maschinen zur Metallbearbeitung vorhanden. In der Nachbarhalle stand 33-064, bei der die Arbeiten noch nicht so weit fortgeschritten waren.
Die 33-248 war neu lackiert worden, stand aber ohne Tender in der Halle.
Einen Stand weiter war der C-Kuppler 62-123 abgestellt.
Vor der Halle wurde an einer weiteren 33 gearbeitet, der 33-236. Links steht 62-376 unter Dampf.
Neben der Halle stand der ebenfalls neulackierte Tender der 33-248, 62-637 und 368. Ganz hinten stand noch ein Torso einer ehemaligen 52er.
Wer viel arbeitet, muss auch mal Pause machen. Am Fahrwerk des Tenders gab es währenddessen noch was zu tun.
Damit war der Werkstatt-Besuch zu Ende. Es stand aber noch der Besuch eines weiteren Bergwerks an, wo eine 33er im Einsatz sein sollte. Das Bergwerk befindet sich in Dubrave südlich von Tuzla. Die Lok stand gut sichtbar unter der Verladeanlage, war aber nicht erreichbar.
Dubrave ist über eine Stichstrecke vom Bahnhof Ljubace aus an die Strecke Tuzla-Zvornik angebunden. Der Bahnhof Ljubace ist äußerst schwer und nur über Straßen mit Feldwegcharakter zu erreichen. Man muss ihn suchen, weil er nicht beschildert ist.
Der Bahnhof ist besetzt und man sagte uns, dass der nächste Zug aus Dubrave erst gegen 17:30 Uhr kommen sollte. Bis dahin hatten wir noch fünf Stunden Zeit und wollten gerade weiterfahren, als ein unbeladener Kohlezug mit der schon bekannten 661 309 durchfuhr.
Der Zug fuhr nach Banovici, wo ebenfalls Kohle abgebaut wird. Wir fuhren hinterher und erwischten den Zug kurz vor der Rückfahrt an der Verladeanlage.
Danach ging es zurück nach Dubrave. Wir wollten den Leerzug an einem Bahnübergang abwarten. Gegen 17:25 Uhr kam dann aber nur 33-504 LZ.
Inzwischen fing es an zu regnen und wir verzichteten darauf, den Bahnhof Ljubace anzufahren. Stattdessen erwarteten wir den Zug in Dubrave bei strömendem Regen. Dort kann man hinter der Verladeanlage von einem öffentlichen Weg aus die Rangierarbeiten gut beobachten.
Als die Lok dann vorzog, herrschte Weltuntergangsstimmung. Aus dem Auto heraus gab es ein Foto mit Beleuchtung, und das um 18:25Uhr!
Damit war der Tag aber noch nicht zu Ende, wir fuhren nochmal nach Lukavac, wo wir an dem BÜ mit benachbarter Fußgängerbrücke, die wohl nur noch von Fotografen benutzt wird, ein 661-Pärchen trafen. Es waren 661 318 und 321.
Die Loks fuhren durch Richtung Doboj. Mehr passierte nicht mehr in Lukavac und wir fuhren zum Hotel. Am nächsten Morgen war nochmal der Personenzug an gleicher Stelle angesagt, aber diesmal mit Flügelsignalen. Gegen 6:30 Uhr kam 661 275 mit einem Waggon angefahren.
Die Rückfahrt wollten wir an gleicher Stelle von der Brücke machen. Für die Rückfahrt Richtung Brcko gabs einen Waggon mehr.
Es war unser letzter Tag in Bosnien und wir mussten noch bis ins Kosovo fahren. Trotzdem mussten wir Dubrave nochmals einen Besuch abstatten, denn die Fotoausbeute von 33-504 war bisher schlecht. Also fuhren wir zunächst nach Ljubace, um an Infos heranzukommen. Die Aussagen waren ermutigend, nach 9:00 Uhr sollte die Dampflok kommen. Gegen 8:45 Uhr brachte 661 308 einen Leerzug und fuhr auf dem hinteren Gleis ein, rechts im Hintergrund das Bahnhofsgebäude.
Bevor die 33er ankam, drückte die 661 ihren Zug zurück und zog dann vor, um sich aufs Streckengleis hinter den Abzweig nach Dobrave zu stellen. Vielleicht ist sie auch nach Banovici weitergefahren. Weil die 33 mit ihrer Rauchkammer Richtung Ljubace steht, warteten wir an der Bahnhofseinfahrt. Dann wurde der Dampfzug vom Rangierer mit einer roten Fahne herangewunken.
Der Dampfzug fuhr direkt in das vom Leerzug besetzte hintere Gleis ein - ein überraschendes Rangiermanöver deutete sich an.
Die 33er kuppelte ab, zog vor und kuppelte wenige Meter weiter an den Leerzug an.
Dann drückte sie den Zug zurück auf die Strecke, um ihn anschliessend über das mittlere Gleis Richtung Dubrave abzufahren.
Nun mussten wir aufbrechen, um noch rechtzeitig nach Dubrave zu kommen. Das ist nicht einfach, weil die Straße zweimal die Strecke kreuzt. Wir erwischten den Zug gerade noch, als er auf dem nördlichen Gleis an der Verladeanlage in Dubrave vorbeifuhr.
Das Wetter war zwar alles andere als gut, aber wir waren froh, dass es nicht regenete. Der Zug zog weit vor, um dann unter die Verladeanlage zurück zu drücken.
Unter der Verladeanlage wurde der Zug abgestellt. Die Lok kuppelte ab und fuhr zurück auf ihren Standplatz auf der Nordseite.
Beim Umsetzen gab es noch ein schönes Motiv mit reichlich Dampf. Dann war das Dampfspektakel vorbei und wir machten uns auf, über Serbien ins Kosovo zu kommen.
Weiter gehts in Teil 2.