Informationen zu den SNCB-Baureihen 52, 53 und 54

Bei den Lokomotiven Baureihen 52, 53 und 54 der Belgischen Staatsbahnen SNCB handelt es sich genau genommen nicht um NOHAB-Lokomotiven, da sie beim belgischen Hersteller Anglo-Franco-Belge (AFB) in La Croyère gefertigt wurden. Allerdings nahezu baugleich mit der NOHAB-Musterlok 64 2246, die spätere Di3.602. AFB fertigte also in Lizenz für die SNCB, die 1954 insgesamt 40 Lokomotiven bei AFB bestellt hatte.

Der erste Auftrag gliederte sich in die Baureihen 202 und 203 (die späteren Baureihen 52 und 53), von denen die 202er mit Dampfheizkessel für den Personenverkehr ausgerüstet wurden.

Leider gestaltete sich die Auslieferung und Nummerierung der Loks ziemlich chaotisch, da diverse Loks umgezeichnet wurden und einige Loknummern sogar wiederholt vergeben wurden. Wir wollen an dieser Stelle einmal den Versuch wagen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen.

Zunächst wurden von AFB im Februar und März 1955 die Loks 202.015 bis 202.018 ausgeliefert, die ihre Nummern aber im Frühjahr 1957 bereits wieder verlieren sollten! Als nächstes folgte im April 1955 noch die 202.001, bevor vier weitere Maschinen kurzfristig als 1601-1604 an die CFL geliefert wurden. Die CFL brauchte dringend schnelle Loks, die die internationalen Fernzüge über luxemburger Territorium mit 80 km/h befördern konnten. Der Auftrag der CFL wurde erst im Januar 1955 unterzeichnet, die Lieferung der Loks erfolgte ganze drei Monate später! Für die 1601-1604 waren die SNCB-Betriebsnummern 202.019 - 202.022 vorgesehen, die dadurch nicht vergeben wurden. übrigens ist das auch der Grund dafür, dass die Museumslok der PFT, die ehemalige CFL-1602, heute in SNCB-Ursprungslackierung die Nummer 202.020 trägt, die es vorher nie gegeben hatte.

Die Lieferung der SNCB-Loks ging dann bis Juni 1955 weiter mit den Nummern 202.002 bis 202.013, womit 17 Loks der BR 202 ausgeliefert waren (die 202.014 blieb unbesetzt). Zwischen Juli und Oktober 1955 wurden dann insgesamt 19 Güterzugloks ohne Heizkessel mit den Betriebsnummern 203.001 bis 203.019 ausgeliefert. Alle Loks der BR 202 und 203 haben eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h und besitzen den GM-Dieselmotor Typ 16-567 C mit 1.720 PS Leistung.

Auch bei den SNCB kam anschließend der Bedarf an Schnellzugloks für internationale Fernzüge auf, so dass für die an die CFL abgebenenen Loks von Januar bis März 1957 vier Maschinen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h und dem GM-Dieselmotor Typ 16-567 C mit 1.900 PS Leistung als neue Baureihe 204 geliefert wurden. Die Loks erhielten die Betriebsnummern 204.001 bis 204.004. Gleich anschließend wurden die 202.015 bis 202.018 entsprechend umgebaut und als 204.005 bis 204.008 bezeichnet.

Am 01.01.1971 führte die SNCB ein neues Nummernschema ein, wodurch sich die Betriebsnummern wie folgt änderten:

Bis 1983 passierte dann nicht viel, wenn wir mal davon absehen, dass ab 1978 bis 1993 insgesamt 34 Loks komplett neue "schwebende" Führerstände erhalten haben, die sogenannten "Cabine Flottante". Erst 1983 wurden Güterzugloks der Baureihe 53 mit Dampfheizkesseln nachgerüstet und mussten umgezeichnet werden:

Im Jahr 1989 hatte sich der Bedarf wieder geändert und nun wurden einigen Loks der Dampfkessel für Güterzugeinsätze entfernt:

Dabei hat uns die SNCB einen klassischen Nummernsalat produziert, in dem sie die erst 1983 frei gewordenen Nummern einfach erneut vergeben hat, anstatt einfach ab 5320 weiter zu nummerieren! Wer also ein Foto von, sagen wir, 5302 mit Rundnasen ohne Datumsangabe vor Augen hat, weiß nicht, welche Lok er dort sieht: entweder die ehemalige 203.002 oder die ehemalige 202.003 nach ihrer Umzeichnung! Die 5209 trug die neue Nummer 5321 übrigens nur wenige Wochen, bevor sie dann ihre alte Nummer zurückbekam. Entsprechend selten dürften Aufnahmen der 5321 sein!

Nicht vergessen werden soll eine kleine Nummernschummelei anläßlich der Weltausstellung 1958 in Brüssel. Um eine der "schnellen" Loks der Baureihe 204 präsentieren zu können, wurde kurzerhand die 202.011 in 204.009 umbenannt, natürlich ohne Umbau zur 204. Nach Ende der Weltausstellung erhielt sie dann ihre alte Nummer 202.011 zurück.

Nun noch ein paar Worte zum äußeren Erscheinungsbild der belgischen AFB-Maschinen. Die Loks wurde mit nur jeweils zwei Stirnlampen und je Seite zwei gelben Streifen geliefert.

5403
5403 Georgy Lejeune 202 017 alias 5403 in Huy St. Hilaire, 28.08.1990

Später tauchten dann auch Loks mit vereinfachten Lackierungen auf. Sie besaßen nur einen gelben Streifen je Seite, so wie die 202.020 heute.

202.020
202.020 Klaus Korbacher 202.020 mit Fotogüterzug während der Sonderfahrt Brüssel-Ronse-Renaix, 10.05.2008

Eine weitere Veränderung war der Einbau zusätzlicher Lampen schräg unterhalb der Originallampen, die in diesem Zuge zu Schlussleuchten umfunktioniert wurden.

5403
5403 Georgy Lejeune 5403 mit zusätzlcihen Lampen in Libramont, 08.09.1984

Insgesamt hat es im Laufe der Zeit bei den rundnasigen AFB-Loks zwei weitere Lackierungsvarianten gegeben, die beide auf dem nächsten Bild an 5302 und 5303 zu sehen sind.

5302 und 5303
5302 und 5303 Georgy Lejeune 5302 ud 5303 neben 5310 im BW Latour, 27.03.1982

Die mit Abstand größte Veränderung der Loks brachte der Umbau auf die schwebenden Kabinen ("Cabine Flottante") mit sich, weil die Loks dadurch ihre charakteristischen Nasen verloren haben. Der Umbau sollte den Lokführern einen bequemeren und leiseren Arbeitsplatz verschaffen und führte auch zu einer Verlagerung des Lokführerplatzes von rechts nach links, weil in Belgien Linksverkehr herrscht. Den Umbau führte das AW Salzinnes zwischen 1978 und 1993 an insgesamt 34 Lokomotiven durch.

5305
5305 Frank-Marc Siebert 5305 mit

Heute sind lediglich zwei SNCB-Lokomotiven mit Rundnasen erhalten geblieben. Zum einen die heutige SNCB-Museumslok 5404.

5404
5404 Klaus Korbacher 5404 auf Sonderfahrt Brüssel-Ronse-Renaix, 10.05.2008

Und zum anderen die 5204, die im Jahr 2004 als Torso in einem Lokschuppen des Depot Ronet vor sich hin gammelte und inzwischen von der PFT betreut wird.

5204
5204 Frank-Marc Siebert 5204 in Ronet, 20.03.2004

Alle anderen Loks wurden umgebaut oder vorher wegen Unfall verschrottet. Heute werden die verbliebenen AFB-Loks von TUC-Rail für Bauzüge eingesetzt und sollen noch in 2009 durch überzählige Loks der Reihe 55 ersetzt werden.